Unser Verein

Chronik

Die Umsetzung der Vereinschronik in ein digitales Format befindet sich derzeit noch in Ausarbeitung. Die Print-Ausgabe kann über den 1. Vorsitzenden bezogen werden.

Kurze Geschichte der Oldenburger Geflügelzuchtvereine

Die Geschichte der organisierten Geflügelzucht beginnt in Deutschland mit der Gründung des „Hühnerologischen Vereins“ in Görlitz 1852. Es dauerte dann aber noch mehr als zwanzig Jahre, ehe der Funke nach Ostfriesland und in das Großherzogtum Oldenburg übersprang. In der Stadt Oldenburg wurden im Abstand von jeweils drei Jahren dann aber gleich drei Vereine gegründet: 1875 der „Verein für Vogelschutz, Geflügel- und Singvögelzucht“, 1878 der Landwirthschaftliche Verein für Thierschutz und Geflügelzucht“ und 1881 der „Verein Oldenburger Geflügelfreunde“.

 

Ein Hauptanliegen vieler Vereinsgründungen war die „Hebung der Geflügelzucht“, wie sie 1852 in den Statuten des Görlitzer Vereins festgeschrieben worden war: „Beförderung und Veredlung der Geflügelzucht“. Das Ziel sollte erreicht werden „durch Einführung und Verbreitung empfehlenswerter Gattungen, mit vorzüglicher Berücksichtigung der Hühner, um den kleinen gewöhnlichen Landschlag mehr und mehr zu beseitigen und durch stärkere, gut legende oder zur Mast geeignete Sorten den Züchtern einen höheren Ertrag zu gewähren…“

 

In Oldenburg verfolgte der an zweiter Stelle gegründete Verein am klarsten diese Zielsetzung, wie man schon seinem Namen „landwirthschaftlicher Verein“ entnehmen kann. Durch Anschluss an die „Landwirthschafts-Gesellschaft“ versuchte er vor allem, das Interesse der Landwirte für die Geflügelzucht zu wecken, um sie so zu einem bedeutenden volkswirtschaftlichen Faktor im Großherzogtum zu machen. Sein Vorsitzender, ein Major aus der Oldenburger Garnison, vermochte zu diesem Zweck den Großherzog als „Protektor“ des Vereins zu gewinnen.

Diese Zielsetzung wurde allerdings nie erreicht. Geflügelhaltung blieb auf den Bauernhöfen etwas, was von der Frau nebenbei betrieben wurde. Nach fünf Jahren schon gab der Verein die Anbindung an die Landwirtschaftsgesellschaft auf und strich das Attribut „landwirthschaftlich“ aus seinem Vereinsnamen. Wie man den Namen der anderen Oldenburger Vereine entnehmen kann, standen hinter den Vereinsgründungen auch noch andere Interessen.

 

Zum einen ging es nicht nur um Hühner. Selbst der „landwirthschaftliche Verein“ hatte neben der Sparte Hühner auch eine für Vögel und Tauben eingerichtet. Nachdem sich der zuerst gegründete Verein, der die Singvögelzucht im Namen hatte, schon 1883 wieder aufgelöst hatte, blieb diese ein besonderes Anliegen der „Oldenburger Geflügelfreunde“. Sie nahmen en bloc einen Kanarienvogelverein bei sich auf.

Auch die Taubenzüchter konnten sich in diesem Verein besonders zu Hause fühlen. Unter den Tauben nahmen die Brieftauben einen besonderen Rang ein, nachdem man ihnen militärische Bedeutung zugeschrieben hatte.

Zum anderen fällt auf, dass die damals gegründeten Vereine – auch außerhalb Oldenburgs – fast alle den Tierschutz bzw. Vogelschutz als Namensbestandteil aufweisen. Dies ist ein weiteres Indiz dafür, dass es den Geflügelzüchtern eben nicht nur um betriebs- oder volkswirtschaftlichen Nutzen ging. So wie sie Spaß an Kanarienvögeln und schönen Tauben hatte

n, erfreuten sie sich auch an schönen Hühnern, Enten und Gänsen. Und weil es sich um lebendige Wesen handelt, gehört dazu auch eine gewisse persönliche Beziehung, so wie es der Titel eines Buches von 1865 nahelegt: „Das Hühnervolk und die Pflichten seiner Gebieter“.

In diesem Sinne fühlte man sich der Tier- und speziell der Vogelwelt allgemein verpflichtet. Wohl nicht im Sinne eines modernen Naturschutzes: Den Begriff „Ökosystem“ findet man in den alten Lexika noch nicht, und die Züchter unterschieden zum Beispiel durchaus zwischen „nützlichen“ und „schädlichen“ Vögeln. Aber so, wie sie ihn verstanden, nahmen die Vereine den Tier- und speziell den Vogelschutz sehr ernst.

So versuchten etwa die Oldenburger Geflügelzüchter, das Auslegen von Gift auf den Äckern zu verhindern, Gift, von dem nicht nur Mäuse, sondern auch Vögel fraßen und verendeten. Auch den Verkauf von Singdrosseln auf dem Markt suchten sie zu unterbinden. Und eine Winterfütterung der Vögel wurde vereinsübergreifend organisiert.

 

Noch ein weiteres Motiv der Vereinsbildung soll nicht unerwähnt bleiben: das menschliche Miteinander. Nur im Verein bot sich die Möglichkeit, demokratisch die eigenen Angelegenheiten zu bereden und zu entscheiden und bei Gelegenheit auch miteinander zu feiern.

Dabei war der Umgang miteinander im 19. Jahrhundert noch sehr förmlich. Als Anrede und in den Protokollen heißt es immer „Herr“. Frauen gab es innerhalb des Vereins übrigens nur in seltenen Fällen. Im 19. Jahrhundert sind nur zwei erwähnt, eine Geheime Kirchenrätin und eine verwitwete Bankdirektorin. Da bei der Aufnahme eines Mitgliedes immer sein Beruf mit genannt wird, wissen wir über deren sozialen Status genau Bescheid. Es war das mittlere und gehobene Bürgertum: Kaufleute, Büro“beamte“, manchmal auch Ausnahmeberufe wie Landesrabbiner, Kammersänger, Musikdirektor.

Die Freude am Tier wirkte sich dahingehend aus, dass man viele Rassen in zahlreichen Farbvarianten züchtete und sie auch gerne auf Ausstellungen zeigte. Die Gründung der „Oldenburger Geflügelfreunde“ war dadurch zustande gekommen, dass der Vorsitzende des „Landwirthschaftlichen Vereins“ zu stur das Nützlichkeitsprinzip verfolgte.

Ausgestellt wurde übrigens in Gaststätten. Die Käfige, in denen die Tiere paarweise ausgestellt wurden, wurden von einem Handwerker aufgebaut und nach der Ausstellung wieder abgerissen.

1896 schlossen sich die beiden noch existierenden Oldenburger Vereine zum „Verein für Geflügelzucht und Vogelschutz“ zusammen. Anlässlich der Frage, ob man aus dem Landesverband, dem man seit 1893 angehörte, austreten solle, kam es kurzzeitig zu einer Abspaltung. Einer Mehrheit gefiel nicht, dass der Landesverband, wie sie glaubte, die Landwirtschaft gegenüber den städtischen Züchtern bevorzugte. Sie trat aus dem Verband aus. Daraufhin gründete eine Minderheit von nicht unbedeutenden Mitgliedern 1902 den „Geflügelzüchter-Verein Oldenburg“.1905 schloss man sich dem alten Verein wieder an, nachdem dieser sich bereit erklärt hatte, dem Landesverband wieder beizutreten.

 

Der Erste Weltkrieg stellt eine Zäsur in der Entwicklung des Geflügelzuchtvereins dar. Vorher war man wohlhabend, nachher arm. Der vorher zahlreiche Tierbestand reduzierte sich auf ein Minimum. Wegen der hohen Futtermittelpreise wurden wertvolle Tiere geschlachtet. Das Futter war immer knapper geworden und wurde schließlich bewirtschaftet. Um an den zugeteilten Rationen beteiligt zu werden, schlossen sich viele Geflügelhalter dem Verein an. Ende 1916 zählte er schon 251 Mitglieder. Also: weniger Tiere, mehr Mitglieder.

Nachdem das Vereinsleben im Krieg stark reduziert worden war, wird es danach intensiviert. Es folgt die Zeit großer Erfolge Oldenburger Geflügelzucht. Zwar raubte die Inflation dem Verein das letzte Geld, dem züchterischen Eifer tat das aber keinen Abbruch. Oldenburger Züchter waren weit über Oldenburg hinaus bekannt, und von weither kamen Interessierte, um sich bei Oldenburger Züchtern umzusehen.

Die jährliche Ausstellung – inzwischen mit Einzeltieren (seit 1925) – war das beherrschende Thema in den Versammlungen. Immer präsent war die Frage, welche Lokalität man dafür finden könne. In Frage kamen Gastwirtschaften, aber auch Hallen des Militärs. Die alljährliche, quälende Suche fand erst ein Ende, nachdem 1926 die erste Viehhalle in der Stadt gebaut worden war.

Der Weg zum Wirtschaftsgeflügel fand außerhalb des Vereins statt. Die Landwirtschaftskammer förderte große Zuchtstationen. Moderne Technik ermöglichte die Konstruktion riesiger Brutmaschinen mit tausenden Einheiten. Wir erfahren davon aus den Protokollen, weil der Verein Ausflüge zu solch großen Anlagen organisierte.

 

Die Wirtschaftskrise während der Regierung Brüning wurde von den Züchtern als schwere Belastung empfunden. Der Vereinsvorsitzende begrüßte ausdrücklich die sog. Machtergreifung der Nationalsozialisten in der Hoffnung, dass nun alles besser werden würde. Bald jedoch mussten die Züchter erkennen, dass ihnen die Freiheit, die Vereinsangelegenheiten und die züchterischen Ziele selbst zu bestimmen, genommen wurde. Die Anweisungen aus der Berliner Zentrale stießen auf Unverständnis und bewirkten häufig Chaos. 1935 musste der langjährige 2. Vorsitzende den Verein verlassen, weil er Jude war.

In der Vorbereitung auf den Krieg wurde verfügt, dass nur noch nützliche Rassen ausgestellt werden dürften. Während des Krieges wurden die Züchter aufgefordert, sich an der „Ernährungsschlacht“ zu beteiligen. Ab 1941 durften keine Hühnerhalter mehr als Mitglieder aufgenommen werden, nur noch Halter von Tauben, Wassergeflügel und Puten.

Im zu Ende gehenden Krieg, 1944, wurde die jährliche Ausstellung verboten, 1945, nach Ende des Krieges, standen dafür keine Säle oder Hallen zur Verfügung. Danach wurden sie in der Regel wieder jährlich durchgeführt mit Ausnahme der Jahre 1964 (Geflügelpest), 1980 und 1989. 2008 wurde die Ausstellung wegen Geflügelpest für das Publikum geschlossen, nachdem die Tiere schon bewertet worden waren.

 

In den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg wandelt sich die Hühnerzucht. Wohl auf Grund verdichteter Bebauung werden immer mehr Zwerghühner an Stelle der Großrassen gezogen. Die fast ausschließliche Einrichtung sogenannter reiner Wohngebiete, deren Satzung u. a. die Haltung von Geflügel untersagt, macht Geflügelzucht immer schwieriger. Mit dem Siegeszug des Fernsehens und wegen erweiterter anderer Möglichkeiten der Freizeitgestaltung nimmt auch das Interesse daran ab. 1977 zählt man nur noch 38 Mitglieder. Es erweist sich zeitweise als sehr schwierig, Vorstandsposten zu besetzen.

 

1982 gelingt es dem Verein, mit der Stadt Oldenburg einen Nutzungsvertrag abzuschließen über eine alte Fliegerhalle in Metjendorf, von der nur noch die Betonmauern vorhanden sind, und sie zu einer Lagerhalle auszubauen. Damit bekommt das Ausstellungsmaterial, zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte, eine sichere Bleibe. Heute ist das Lager gut gefüllt.

Geselligkeit ist, wie früher, auch in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg sehr gefragt. Regelmäßig wird ein Sommerausflug unternommen. Seit 1955 treffen sich die Zwerghuhnzüchter einmal im Monat bei Kaffee und Kuchen. Dieses Treffen ist zur Tradition geworden und hat sich inzwischen zu einem allgemeinen Züchtertreffen gewandelt, an dessen Ende Impfstoff ausgegeben wird.

 

Die soziale Zusammensetzung der Vereinsmitglieder hat sich seit dem Ersten Weltkrieg allmählich verändert. Der typische Kleintierzüchter vor allem nach dem Zweiten Weltkrieg stammt aus eher kleinen Verhältnissen. Damit ist auch ein anderer, manchmal salopper Umgangston eingekehrt, der in krassem Gegensatz steht zu den steifen Umgangsformen vor dem Ersten Weltkrieg.

Inzwischen scheint sich die Zusammensetzung erneut zu wandeln. Nicht selten stammen die Vereinsmitglieder aus gutsituierten und/oder gebildeten Kreisen. Auch das Interesse scheint sich zu wandeln: In der Distanz zur Massentierhaltung legt man auf artgerechte Haltung wert und findet so nach einem Jahrhundert wieder zu „Vogelschutz“ und „Tierschutz“ zurück.

Die Mitgliederzahl hat sich stabilisiert. Mit fast 60 Mitgliedern zeigt sich der Geflügelzuchtverein Oldenburg stabil und gesund.